SYSTEMD-STUB(7) | systemd-stub | SYSTEMD-STUB(7) |
BEZEICHNUNG
systemd-stub, sd-stub, linuxx64.efi.stub, linuxia32.efi.stub, linuxaa64.efi.stub - Ein einfacher UEFI-Kernel-Systemstartrumpf
ÜBERSICHT
/usr/lib/systemd/boot/efi/linuxx64.efi.stub
/usr/lib/systemd/boot/efi/linuxia32.efi.stub
/usr/lib/systemd/boot/efi/linuxaa64.efi.stub
ESP/…/foo.efi.extra.d/*.addon.efi
ESP/…/foo.efi.extra.d/*.cred
ESP/…/foo.efi.extra.d/*.raw
ESP/loader/addons/*.addon.efi
ESP/loader/credentials/*.cred
BESCHREIBUNG
systemd-stub (gespeichert auf Platte in den architekturabhängigen Dateien linuxx64.efi.stub, linuxia32.efi.stub, linuxaa64.efi.stub) ist ein einfacher UEFI-Systemstartrumpf. Ein UEFI-Systemstartrumpf ist ein Stück Code, das an ein Linux-Kernel-Programmabbild angehängt wird und in der UEFI-Firmwareumgebung ausgeführt wird, bevor in die Linux-Kernelumgebung übergewechselt wird. Der UEFI-Systemstartrumpf stellt sicher, dass ein Linux-Kernel als reguläres UEFI-Programm ausgeführt wird. Er ist in der Lage, verschiedene vorbereitende Aktionen durchzuführen, bevor das System in die Linux-Welt umgeschaltet wird.
Der UEFI-Systemstartrumpf schaut innerhalb des UEFI-PE-Programms selbst nach verschiedenen Ressourcen für den Kernelaufruf. Dies ermöglicht die Kombination verschiedener Ressourcen innerhalb eines einzigen PE-Programmabbilds (das normalerweise »Unified Kernel Image« (vereinigtes Kernelabbild oder kurz »UKI«) genannt wird), welches dann selbst wieder über UEFI SecureBoot als ganzes signiert werden kann, und damit alle einzelnen Ressourcen auf einmal abdeckt. Insbesondere kann er folgendes enthalten:
Falls UEFI-SecureBoot aktiviert und der Abschnitt ».cmdline« in dem ausgeführten Abbild vorhanden ist, werden alle Versuche, die Kernelbefehlszeile durch Übergabe anderer Aufrufparameter an das EFI-Programm außer Kraft zu setzen, ignoriert. Um daher die Außerkraftsetzung der Kernelbefehlszeile zu erlauben, deaktivieren Sie entweder UEFI-SecureBoot oder nehmen Sie keine Kernelbefehlszeile in den PE-Abschnitt in der Kernelabbilddatei auf. Falls eine Befehlszeile über EFI-Aufrufparameter an das EFI-Programm akzeptiert wird, dann wird sie in TPM PCR 12 eingemessen (falls ein TPM vorhanden ist).
Falls in dem Abschnitt ».dtb« ein DeviceTree eingebettet ist, ersetzt er einen bestehenden DeviceTree in der entsprechenden EFI-Konfigurationstabelle. Systemd-stub wird die Firmware über das »EFI_DT_FIXUP_PROTOCOL« nach hardwarespezifischen Korrekturen für den DeviceTree befragen.
Der Inhalt acht dieser neun Abschnitte wird in TPM PCR 11 eingemessen. Wird anderweitig nicht verwandt und daher können die Ergebnisse ohne großen Aufwand vorberechnet werden. Der Abschnitt »&.pcrsig« wird in diese Messung nicht eingeschlossen, da er dazu gedacht ist, die Signaturen der Ausgabe des Messaktion zu enthalten und kann daher nicht auch deren Eingabe sein.
Wenn ».pcrsig«- und/oder ».pcrpkey«-Abschnitte in einem vereinigten Kernelabbild vorhanden sind, werden ihre Inhalte an den gestarteten Kernel in einem synthetisierten Initrd-CPIO-Archiv übergeben, das sie unter den Dateien .extra/tpm2-pcr-signature.json und /.extra/tpm2-pcr-public-key.pem ablegt. Typischerweise stellt eine tmpfiles.d(5)-Zeile dann sicher, das sie nach /run/systemd/tpm2-pcr-signature.json und /run/systemd/tpm2-pcr-public-key.pem kopiert werden, wo sie zugreifbar bleiben, auch nachdem das System aus der Initrd-Umgebung in das Dateisystem des Rechners übergegangen ist. Werkzeuge wie systemd-cryptsetup@.service(8), systemd-cryptenroll(1) und systemd-creds(1) werden diese Dateien unterhalb dieser Pfade automatisch verwenden, um geschützte Ressourcen (verschlüsselte Dateisysteme oder Zugangsberechtigungen) zu entsperren oder Verschlüsselungen an gestartete Kernel zu binden.
Weitere Details zum UKI-Konzept finden Sie in der UKI-Spezifikation[2].
BEGLEITDATEIEN
Der UEFI-Systemstartrumpf systemd-stub sammelt automatisch drei Arten von zusätzlichen Hilfs-Begleitdateien, die optional in den Ergänzungsverzeichnissen auf der gleichen Partition wie das EFI-Programm abgelegt werden, erstellt ein cpio-Initrd-Archiv daraus und übergibt sie an den Kernel. Konkret:
Falls Secure Boot aktiviert ist, werden diese Dateien mittels der Schlüssel in der UEFI DB, Shims DB oder Shims MOK validiert und andernfalls abgelehnt. Falls zusätzlich sowohl die Erweiterung als auch das UKI einen Abschnitt ».uname« enthält, wird die Erweiterung abgelehnt, falls beide nicht exakt übereinstimmen. Es wird empfohlen, immer einen Abschnitt ».sbat« zu allen signierten Erweiterungen hinzuzufügen, so dass sie mit einer SBAT-Richtlinien-Aktualisierung zurückziehbar sind, ohne Sperrlisten mittels DBX/MOKX zu benötigen. Das Werkzeug ukify(1) wird standardmäßig eine SBAT-Richtlinie hinzufügen, falls keine beim Bau der Erweiterungen übergeben wurde. Zu weiteren Informationen über SBAT siehe die Dokumentation von Shim[1].
Ergänzungsdateien werden sortiert, geladen, in TPM PCR 12 eingemessen (falls ein TPM vorhanden ist) und an die Kernelbefehlszeile angehängt. UKI-Befehlszeilenoptionen werden zuerst aufgelistet, dann Optionen von Ergänzungen in /loader/addons/*.addon.efi und schließlich Ende UKI-spezifische Ergänzungen. Devicetree-Binärddateien werden gemäß des gleichen Algorithmus geladen und gemessen. Ergänzungen werden immer in der gleichen Reihenfolge, basierend auf ihrem Dateinamen, geladen, so dass bei der gleichen Gruppe von Ergänzungen die gleiche Gruppe von Messungen in PCR12 erwartet werden kann. Beachten Sie allerdings, dass der Dateiname nicht durch die PE-Signatur geschützt ist. Daher kann ein Angreifer mit Schreibzugriff auf den ESP möglicherweise diese Dateien umbenennen, um die Reihenfolge zu ändern, in der sie geladen werden und das auf eine Art, die die Funktionalität des Kernels ändert, da einige Optionen von der Reihenfolge abhängen können. Falls Sie solche Ergänzungen signieren, sollten Sie auf die PCR12-Werte achten und einen Bescheinigungs-Dienst verwenden, so dass die inkorrekte Verwendung von ihren signierten Erweiterungen erkannt werden kann und eine der vorstehenden Widerruf-Mechanismen darauf angewandt werden kann.
Diese Mechanismen können zum Parametrisieren und Erweitern vertrauenswürdiger (d.h. signierter), unveränderbarer Initrd-Abbilder auf eine recht sichere Art und Weise verwandt werden: alle in ihnen erhaltene Daten werden in TPM PCRs eingemessen. Beim Zugriff sollten sie weiter validiert werden: Im Falle der Zugangsberechtigungen durch Entschlüsselung/Authentifizierung mittels TPM, wie das über systemd-creds encrypt -T (siehe systemd-creds(1) für Details) offengelegt wird; im Falle der Systemerweiterungsabbilder mittels signierter Verity-Abbilder.
TPM-PCR-HINWEISE
Beachten Sie, dass beim Aufruf eines vereinigten Kernels mittels systemd-stub die Firmware ihn als ganzes in TPM PCR 4 einmessen wird und dabei alle eingebetteten Ressourcen wie den Stub-Code selbst, den Kernelkern, die eingebettete Initrd und die Kernelbefehlszeile abdecken wird (die vollständige Liste finden Sie weiter oben).
Beachten Sie auch, dass der Linux-Kernel alle Initrds, die er empfängt, in TPM PCR 9 einmessen wird. Dies bedeutet, dass jede Art von Initrd zwei oder drei Mal gemessen wird: die im Kernel-Abbild eingebettete Initrd wird in PCR 4, PCR 9 und PCR 11 eingemessen; die aus den Zugangsberechtigungen synthetisierte Initrd wird sowohl in PCR 9 als auch in PCR 12 eingemessen; die aus den Systemerweiterungen synthetisierte Initrd wird sowohl in PCR 4 als auch PCR 9 eingemessen. Zusammenfassend können die Betriebssystemressourcen und die PCRs, in die sie eingemessen werden, wie folgt zusammengefasst werden:
Tabelle 1. Zusammenfassung von
Betriebssystem-Ressourcen-PCR
Betriebssystemressource | Mess-PCR |
Code von systemd-stub (der Einstiegspunkt für das vereinigte PE-Programm) | 4 |
Kern-Kernelcode (eingebettet in das vereinigte PE-Programm) | 4 + 11 |
Betriebssystemveröffentlichungsinformationen (eingebettet in das vereinigte PE-Programm) | 4 + 11 |
Haupt-Initrd (eingebettet in das vereinigte PE-Programm) | 4 + 9 + 11 |
Standard-Kernel-Befehlszeile (eingebettet in das vereinigte PE-Programm) | 4 + 11 |
Kernel-Befehlszeile außer Kraft setzen | 12 |
Startbild (eingebettet in das vereinigte PE-Programm) | 4 + 11 |
TPM2-PCR-Signatur-JSON (eingebettet in das vereinigte PE-Programm, synthetisiert in die Initrd) | 4 + 9 |
TPM2-PCR-PEM öffentlicher Schlüssel (eingebettet in das vereinigte PE-Programm, synthetisiert in die Initrd) | 4 + 9 + 11 |
Zugangsberechtigungen (synthetisierte Initrd aus Begleitdateien) | 9 + 12 |
Systemerweiterungen (synthetisierte Initrd aus Begleitdateien) | 9 + 13 |
EFI-VARIABLEN
Die folgenden EFI-Variablen werden unter der Lieferanten-UUID »4a67b082-0a4c-41cf-b6c7-440b29bb8c4f« für die Kommunikation zwischen dem Systemstartrumpf und dem Betriebssystem definiert, gesetzt und gelesen:
LoaderDevicePartUUID
Hinzugefügt in Version 250.
LoaderFirmwareInfo, LoaderFirmwareType
Hinzugefügt in Version 250.
LoaderImageIdentifier
Hinzugefügt in Version 250.
StubInfo
Hinzugefügt in Version 250.
StubPcrKernelImage
Hinzugefügt in Version 252.
StubPcrKernelParameters
Hinzugefügt in Version 252.
StubPcrInitRDSysExts
Hinzugefügt in Version 252.
Beachten Sie, dass einige der obigen Variablen auch durch das Systemstartprogramm gesetzt werden können. Der Rupmf wird sie nur setzen, falls sie nicht bereits gesetzt sind. Einige dieser Variablen werden durch die Boot-Loader-Schnittstelle[4] gesetzt.
INITRD-RESSOURCEN
Die folgenden Ressourcen werden als Initrd-CPIO-Archiv an den gestarteten Kernel übergeben und stellen daher die anfängliche Dateisystem-Hierarchie in der Initrd-Ausführungsumgebung dar:
/
Hinzugefügt in Version 252.
/.extra/credentials/*.cred
Hinzugefügt in Version 252.
/.extra/global_credentials/*.cred
Hinzugefügt in Version 252.
/.extra/sysext/*.raw
Hinzugefügt in Version 252.
/.extra/tpm2-pcr-signature.json
Hinzugefügt in Version 252.
/.extra/tpm2-pcr-pkey.pem
Hinzugefügt in Version 252.
Beachten Sie, dass sich alle diese Dateien in dem »tmpfs«-Dateisystem befinden, das der Kernel für die Initrd-Dateihierarchie einrichtet und daher verloren gehen, wenn das System von der Initrd-Ausführungsumgebung in das Dateisystem des Rechners übergeht. Falls diese Ressourcen über diesen Übergang hinweg erhalten werden sollen, müssen sie zuerst an einen Ort kopiert werden, der den Übergang übersteht, beispielsweise durch eine geeignete tmpfiles.d(5)-Zeile. Standardmäßig erfolgt dies für die TPM2-PCR-Signaturdatei und die Datei des öffentlichen Schlüssels.
SMBIOS-TYP-11-ZEICHENKETTEN
systemd-stub kann zur Verwendung von SMBIOS-TYP-11-ZEICHENKETTEN konfiguriert werden. Anwendbare Zeichenketten bestehen aus einem Namen, gefolgt von »=«, gefolgt vom Wert. systemd-stub wird die Tabelle nach einer Zeichenkette mit einem bestimmten Namen durchsuchen, und seinen Wert verwenden, falls der Name gefunden wird. Die folgenden Zeichenketten werden gelesen:
io.systemd.stub.kernel-cmdline-extra
Hinzugefügt in Version 254.
ZUSAMMENBAU VON KERNELABBILDERN
Um ein startbares vereinigtes Kernelabbild aus verschiedenen Komponenten wie oben beschrieben zusammenzubauen, verwenden Sie ukify(1).
SIEHE AUCH
systemd-boot(7), systemd.exec(5), systemd-creds(1), systemd-sysext(8), Systemladerspezifikation[5], Boot-Loader-Schnittstelle[4], ukify(1), systemd-measure(1), Von Systemd durchgeführte TPM2-PCR-Messungen[6]
ANMERKUNGEN
- 1.
- SBAT
- 2.
- UKI-Spezifikation
- 3.
- Automatische Systemstartbeurteilung
- 4.
- Boot-Loader-Schnittstelle
- 5.
- Systemladerspezifikation
- 6.
- Von Systemd durchgeführte TPM2-PCR-Messungen
ÜBERSETZUNG
Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.
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