unicode(7) Miscellaneous Information Manual unicode(7) BEZEICHNUNG Unicode - universeller Zeichensatz BESCHREIBUNG Die internationale Norm ISO/IEC 10646 definiert den Universal Character Set (UCS). UCS enthalt samtliche Zeichen aller anderen Zeichensatz-Standards. Er garantiert auch >>round-trip compatibility<<; mit anderen Worten konnen Konvertierungstabellen so erstellt werden, dass beim Konvertieren einer Zeichenkette zwischen einer anderen Kodierung und UCS keinerlei Information verlorengeht. Mit den in UCS enthaltenen Zeichen konnen praktisch alle bekannten Sprachen dargestellt werden. Dies umfasst nicht nur die lateinische, griechische, kyrillische, hebraische, arabische, armenische und georgische Schrift, sondern auch chinesische, japanische und koreanische Han-Ideogramme sowie Schriften wie Hiragana, Katakana, Hangul, Devanagari, Bengali, Gurmukhi, Gujarati, Oriya, Tamil, Telugu, Kannada, Malayalam, Thai, Lao, Khmer, Bopomofo, Tibetisch, Runen, Athiopisch, Canadian Syllabics (fur die Sprachen kanadischer Ureinwohner), Cherokee, Mongolisch, Ogham, Birmanisch, Sinhala, Thaana, Yi und andere. Fur noch nicht abgedeckte Schriften wird weiter daran geforscht, wie sie am besten fur Computernutzung kodiert werden. Eines Tages werden auch sie aufgenommen werden. Dazu konnten nicht nur Hieroglyphen und verschiedene historische indoeuropaische Sprachen gehoren, sondern auch einige ausgewahlte Kunstsprachen wie Tengwar, Cirth und Klingonisch. UCS umfasst auch eine grosse Anzahl von grafischen, typografischen, mathematischen und wissenschaftlichen Symbolen, einschliesslich den von TeX, PostScript, APL, MS-DOS, MS-Windows, Macintosh, OCR-Schriften zur Verfugung gestellten, ebenso wie die Schriften vieler Textverarbeitungs- und Publishing-Systeme. Und es kommen weitere hinzu. Die UCS-Norm (ISO/IEC 10646) beschreibt eine 31-Bit-Zeichensatzarchitektur. Sie besteht aus 128 24-Bit-Gruppen, die jeweils in 256 16-Bit-Ebenen aus 256 8-Bit-Reihen mit 256 Spalten (eine fur jedes Zeichen) aufgeteilt sind. Teil 1 der Norm (ISO/IEC 10646-1) definiert die ersten 65534 Code-Positionen (0x0000 bis 0xfffd), welche die Basic Multilingual Plane (BMP) bilden, also Ebene 0 in der Gruppe 0. Teil 2 der Norm (ISO/IEC 10646-2) fugt der Gruppe 0 Zeichen ausserhalb der BMP in mehreren erganzenden Ebenen im Bereich 0x10000 bis 0x10ffff zu. Es ist nicht geplant, der Norm Zeichen jenseits von 0x10ffff hinzuzufugen. Damit wird in absehbarer Zukunft aus dem gesamten Code-Raum nur ein kleiner Teil der Gruppe 0 tatsachlich verwendet werden. Die BMP enthalt alle Zeichen anderer haufig verwendeter Zeichensatze. Die Erganzungsebenen nach ISO/IEC 10646-2 decken nur eher exotische Zeichen fur spezielle Anforderungen in der Wissenschaft, dem Druck von Worterbuchern, dem Verlagswesen und ubergeordneten Protokollen sowie von Enthusiasten ab. Die Darstellung jedes einzelnen UCS-Zeichens als 2-Byte-Wort wird als die UCS-2-Form (nur fur BMP-Zeichen) bezeichnet, wahrend UCS-4 die einzelnen Zeichen durch ein 4-Byte-Wort darstellt. Daruber hinaus gibt es die zwei Codierungsformen UTF-8 fur Abwartskompatibilitat mit ASCII-Software und UTF-16 fur die abwartskompatible Bearbeitung von Nicht-BMP-Zeichen bis 0x10FFFF durch UCS-2-Software. Die UCS-Zeichen 0x0000 bis 0x007f sind mit denen des klassischen US-ASCII-Zeichensatzes und die Zeichen im Bereich von 0x0000 bis 0x00ff mit denen des ISO/IEC-8859-1-Latin-1-Zeichensatzes identisch. Kombinationszeichen Einige Code-Punkte von UCS wurden sogenannten Kombinationszeichen (combining characters) zugewiesen. Sie sind mit den Akzenttasten auf Schreibmaschinen vergleichbar, bei denen sich die Schreibposition nicht verandert. Ein Kombinationszeichen fugt dem vorhergehenden Zeichen einfach einen Akzent hinzu. Den wichtigsten Zeichen mit Akzenten wurden eigene Codes im UCS zugewiesen. Mit dem Mechanismus der Kombinationszeichen konnen Akzente und andere diakritische Markierungen zu jedem beliebigen Zeichen hinzugefugt werden. Kombinationszeichen folgen immer dem Zeichen, das sie verandern. Zum Beispiel kann das deutsche >>A<< (oder >>Latin capital letter A with diaeresis<<) entweder durch den festen UCS-Code 0x00c4 oder alternativ als Kombination des normalen >>A<< (>>Latin capital letter A<<) gefolgt vom Kombinationszeichen fur >>doppelt gepunktet<< (combining diaeresis) als 0x0041 0x0308 dargestellt werden. Kombinationszeichen sind wesentlich zum Beispiel fur die Codierung der Thai-Schrift, fur den Satz mathematischer Formeln und Nutzer der internationalen Lautschrift. Implementierungsstufen Da nicht erwartet wird, dass alle Systeme komplexere Mechanismen wie Kombinationszeichen unterstutzen, beschreibt ISO/IEC 10646 die folgenden drei Implementierungsstufen fur UCS: Stufe 1 Kombinationszeichen und Hangul-Jamo (eine Kodierungsvariante der koreanischen Schrift, in der Zeichen fur Hangul-Silben als zwei- oder dreistellige Vokal-/Konsonanten-Kombinationen codiert werden) werden nicht unterstutzt. Stufe 2 Zusatzlich zu Stufe 1 sind Kombinationszeichen jetzt fur einige Sprachen, in denen sie unerlasslich sind (z. B. Thai, Lao, Hebraisch, Arabisch, Devanagari, Malayalam) erlaubt. Stufe 3 Alle UCS-Zeichen werden unterstutzt. Der vom Unicode Consortium veroffentlichte Standard Unicode 3.0 enthalt genau die >>UCS Basic Multilingual Plane<< auf der Implementierungsstufe 3, wie in ISO/IEC 10646-1:2000 beschrieben. Unicode 3.1 fugte die zusatzlichen Ebenen von ISO/IEC 10646-2 hinzu. Der Unicode-Standard und vom Unicode Consortium veroffentlichte technische Berichte bieten viele zusatzliche Informationen uber die Semantik und die empfohlene Verwendung der verschiedenen Zeichen. Sie geben Richtlinien und Algorithmen fur die Bearbeitung, das Sortieren, Vergleichen, Normalisieren, Umwandeln und Anzeigen von Unicode-Zeichenketten. Unicode unter Linux Unter GNU/Linux ist der C-Datentyp wchar_t ein vorzeichenbehafteter 32-Bit-Ganzzahl-Typ. Seine Werte werden von der C-Bibliothek immer (in allen Locales) als UCS-Codewerte interpretiert. Diese Konvention signalisiert die GNU-C-Bibliothek Anwendungen durch die Definition der Konstante __STDC_ISO_10646__, wie es im ISO-C99-Standard spezifiziert ist. UCS/Unicode in der ASCII-kompatiblen UTF-8-Multibyte-Codierung kann wie ASCII in Ein-/Ausgabe-Datenstromen, zur Terminal-Kommunikation, in Klartext-Dateien, Dateinamen und Umgebungsvariablen verwendet werden. Um allen Anwendungen die Verwendung von UTF-8 als Zeichencodierung bekannt zu geben, muss mittels Umgebungsvariablen (z.B. >>LANG=en_GB.UTF-8<<) eine geeignete Locale festgelegt werden. Die Funktion nl_langinfo(CODESET) gibt den Namen der ausgewahlten Codierung zuruck. Mit Bibliotheksfunktionen wie wctomb(3) und mbsrtowcs(3) konnen die internen wchar_t-Zeichen und Zeichenketten in die System-Zeichenkodierung konvertiert werden (und auch wieder zuruck). wcwidth(3) gibt an, wie viele Positionen (02) der Cursor durch die Ausgabe eines Zeichens weitergesetzt wird. Bereich fur private Nutzung (PUA) In der >>Basic Multilingual Plane<< werden dem Bereich 0xe000 bis 0xf8ff niemals Zeichen vom Standard zugewiesen werden - er ist fur private Nutzung reserviert. Fur die Linux-Gemeinde wurde dieser Privatbereich weiter unterteilt in den Bereich 0xe000 bis 0xefff, der vom Endbenutzer individuell benutzt werden kann, und den Linux-Bereich von 0xf000 bis 0xf8ff, in dem koordiniert gemeinsame Erweiterungen aller Linux-Benutzer abgelegt werden. Die Registrierung der der Linux-Zone zugeordneten Zeichen wird von LANANA betreut und die Registrierung selbst befindet sich in Documentation/admin-guide/unicode.rst in den Linux-Kernelquellen (oder Documentation/unicode.txt vor Linux 4.10). Zwei weitere Ebenen sind fur die private Nutzung reserviert: Ebene 16 (>>Supplementary Private Use Area-A<<, Bereich 0xf0000 bis 0xffffd) und Ebene 16 (>>Supplementary Private Use Area-B<<, Bereich 0x100000 bis 0x10fffd). Literatur o Information technology - Universal Multiple-Octet Coded Character Set (UCS) - Part 1: Architecture and Basic Multilingual Plane. Internationale Norm ISO/IEC 10646-1, International Organization for Standardization, Genf, 2000. Dies ist die offizielle UCS-Spezifikation. Verfugbar unter . o The Unicode Standard, Version 3.0. The Unicode Consortium, Addison-Wesley, Reading, MA, 2000, ISBN 0-201-61633-5. o S. Harbison, G. Steele. C: A Reference Manual. Fourth edition, Prentice Hall, Englewood Cliffs, 1995, ISBN 0-13-326224-3. Ein gutes Fachbuch uber die Programmiersprache C. Die vierte Auflage behandelt jetzt auch den Nachtrag (Amendment) 1 von 1994 zur ISO-C-Norm (ISO/IEC 9899:1990), der eine grosse Anzahl neuer C-Bibliotheksfunktionen zum Umgang mit Zeichensatzen von mehr als 8 Bit pro Zeichen hinzufugt. Das Buch behandelt aber noch nicht die ISO-C99-Norm, welcher die Unterstutzung von Multibyte-Zeichen weiter verbesserte. o Technische Unicode-Berichte o Markus Kuhn: UTF-8 and Unicode FAQ for UNIX/Linux. o Bruno Haible: Unicode HOWTO SIEHE AUCH locale(1), setlocale(3), charsets(7), utf-8(7) UBERSETZUNG Die deutsche Ubersetzung dieser Handbuchseite wurde von Johnny Tevessen und Martin Eberhard Schauer erstellt. Diese Ubersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder neuer bezuglich der Copyright-Bedingungen. Es wird KEINE HAFTUNG ubernommen. 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